Interview mit Jannik Schümann: “Wir müssen laut sein – unsere Werte sind in Gefahr”
Im Gespräch mit Gaycrew.de erzählt Jannik Schümann über die Vorfreude auf seine Hochzeit, seinen Einsatz gegen gesellschaftliche Rückschritte und warum queere Sichtbarkeit in der deutschen Medienlandschaft für ihn eine Herzensangelegenheit ist.
Gaycrew.de: Jannik, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinen Hochzeitsplänen! Das klingt aufregend – was kannst du uns darüber erzählen?
Jannik Schümann: Danke dir! Ja, wir stecken schon mitten in den Vorbereitungen, und die Vorfreude wächst jeden Tag. Den genauen Termin verrate ich zwar noch nicht, aber ich wünsche mir ein Fest der Liebe, das im besten Fall mehrere Tage dauert. Für Felix und mich geht es darum, die Liebe in den Mittelpunkt zu stellen, ohne großes Brimborium. Einfach im Kreis unserer Liebsten. Ich kann es kaum erwarten, diesen Moment zu erleben!
Gaycrew.de: Das klingt traumhaft! Und stimmt es, dass ein Tattoo bei eurer Verlobung eine besondere Rolle gespielt hat?
Jannik Schümann: Ganz genau! Felix hat mich mit einem Tattoo überrascht, das uns beide symbolisiert. Es war ein unglaublich intimer Moment, der mir sehr viel bedeutet. Nach meinem Coming-out Ende 2020 standen Felix und ich als Paar stärker in der Öffentlichkeit. Die Unterstützung der Community und meiner Fans gibt uns viel Kraft. Dieses Tattoo ist für mich wie ein kleines Versprechen, das direkt unter die Haut geht.
Gaycrew.de: Neben der Hochzeitsplanung machst du dir viele Gedanken über die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland. Erst kürzlich hast du dich zur politischen Lage geäußert…
Jannik Schümann: Ja, und das ist mir wirklich wichtig. Der Rechtsruck, den wir gerade erleben, beunruhigt mich sehr. Ich finde, wir dürfen nicht einfach zuschauen. Wir alle müssen lauter werden, Verantwortung übernehmen und unsere demokratischen Werte schützen – aktiv und sichtbar. Die Bedrohung unserer Freiheit und Vielfalt ist real, und wenn wir leise bleiben, geben wir diesen Kräften Raum. Es geht um nichts Geringeres als die Zukunft unseres Miteinanders.
Gaycrew.de: Wenn du auf das deutsche Filmgeschäft schaust, wie siehst du dort die queere Repräsentation?
Jannik Schümann: Es gibt definitiv Fortschritte, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Ich wünsche mir mehr Vielfalt und besonders die Darstellung von queeren Charakteren, die nicht klischeehaft sind. Es geht darum, die volle Bandbreite queerer Lebenserfahrungen zu zeigen – authentisch und nuanciert. Wir haben gute Ansätze, aber gerade im deutschsprachigen Raum fehlt es immer noch an echter Diversität vor und hinter der Kamera. Da ist noch viel Luft nach oben.
Gaycrew.de: Deine Rolle als bisexueller Liebhaber in Die Mitte der Welt hat damals für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Wie wichtig war dir diese Rolle?
Jannik Schümann: Diese Rolle war für mich ein großes Geschenk. Sie hat mir die Möglichkeit gegeben, die Komplexität und Tiefe einer queeren Figur zu zeigen, die einfach menschlich ist – mit all ihren Schwächen und Stärken. Ich hoffe, dass sie auch ein Stück Sichtbarkeit geschaffen hat. Seitdem durfte ich viele facettenreiche Rollen spielen, zuletzt als Kaiser Franz Josef. Mir ist es wichtig, die Vielfalt meiner Figuren zu nutzen, um Veränderung voranzutreiben und die Vielfalt unserer Gesellschaft abzubilden.
Gaycrew.de: Neben der Schauspielerei bist du auch im Hörbuch- und Hörspielbereich aktiv, zum Beispiel in der Neuvertonung von George Orwells 1984. Was reizt dich an dieser Arbeit?
Jannik Schümann: Hörbücher einzusprechen ist eine eigene Kunstform, die ich total liebe. Vor dem Mikro kann ich ganz anders arbeiten als vor der Kamera. Ich kann Emotionen durch meine Stimme ausdrücken, was unglaublich intensiv ist. Und ja, oft gestikuliere ich wild herum oder ziehe die verrücktesten Grimassen, um das richtige Gefühl zu finden. Ich hoffe nur, dass es keine Kameras im Studio gab! (lacht)
Gaycrew.de: Orwell entwirft in 1984 eine düstere Vision der Zukunft. Wie siehst du den Stoff in unserer heutigen Zeit?
Jannik Schümann: Ich finde es erschreckend, wie nah uns die Geschichte gekommen ist. Die Vorstellung, dass wir überwacht werden oder dass unsere Freiheit eingeschränkt wird, ist heute aktueller denn je. Manchmal frage ich mich auch, warum bestimmte Produkte plötzlich auf Social Media auftauchen, nachdem ich darüber gesprochen habe. 1984 erinnert uns daran, wie wichtig es ist, unsere Freiheit aktiv zu verteidigen – ein Gedanke, der mir in der aktuellen Zeit sehr nahegeht.
Gaycrew.de: Danke, Jannik, für deine Offenheit und das inspirierende Gespräch!
Jannik Schümann: Danke euch!